Für einen Ultra-Trail-Läufer das höchste der Gefühle,
der UTMB®, eine Runde um den Mt. Blanc, mit 171 km und 10000 Höhenmeter
Eine Runde um den Mt. Blanc
So auch für Marion Braun von der SV Germania Eicherscheid, die ihre erste Umrundung bereits 2016 erfolgreich in 38:08 h beendete und nach einem ersten Schwur, es nie wieder zu tun, bereits im Folgejahr versuchte, einen der begehrten Startplätze zu ergattern.
Dazu bedarf es jedoch bei der Anmeldung, die bereits im Dezember des Vorjahres startet, dem Nachweis von Qualifikationsläufen und dem Glück bei der Verlosung, da die Nachfrage die zugelassenen Startplätze bei weitem übersteigt. Nach 2 misslungenen Verlosungen, wird beim dritten Mal ein Startplatz garantiert, vorausgesetzt, die Qualifikationsläufe wurden in den letzten zwei Jahren erfüllt.
So stand Marion Braun dann mit 2543 Läufern aus über 100 Nationen, bei der 17. Ausgabe des „Ultra-Trail du Mont-Blanc“ (UTMB), am Freitag, 30. August 2019, um 18 Uhr, auf dem zentralen Platz „Place du Triangle de l’Amité“ in Chamonix, am Start.
Bei einem der anspruchsvollsten Ultratrail-Läufe weltweit, gilt es auf einer Streckenlänge von 171 km und mehr als 10.000 zu überwindenden Höhenmetern im Auf- sowie im Abstieg, das Berg-Massiv des Mont Blanc in einem Zeitrahmen von 46,5 Stunden non-Stopp zu umrunden. Auf der Strecke sind 14 cut-off´s eingerichtet, bei denen der Läufer aus dem Rennen genommen wird, wenn er die jeweilige, vorgegebene Durchlaufzeit überschritten hat. 16 Verpflegungsstellen geben Gelegenheit zur Versorgung und an manchen Orten sind Möglichkeiten zum Schlafen eingerichtet. Jeder „Coureur“, wie die Franzosen die Trailer nennen, hat eine Pflichtausrüstung, wie wasserdichte Regen-Jacke, sowie -Hose, 2 Stirnlampen, mit jeweils Ersatzbatterien, langes Shirt und lange Hose, Notfallplane, Mütze, Handschuhe, ein Liter Flüssigkeit, zus. Verpflegung und Handy mit sich zu führen, die unterwegs auf Vollständigkeit kontrolliert wird.
Der UTMB hat seit vielen Jahren etwas Mystisches, und er ist schlechthin der Ultralauf, wovon viele Trailer träumen, ihn einmal im Leben zu finishen, wobei das Wiederholungspotential enorm groß ist.
Chamonix wird die ganze Woche über von einer unsäglichen Vibration erfüllt, wenn ca. 10.000 LäuferInnen zu einem der 7 angebotenen Rennen, zwischen 15 km und 300 km, an den Start gehen oder ins Ziel kommen. Dieser Zustand findet mit dem Start des UTMB seinen absoluten Höhepunkt.
Die Zeit vor dem Start ist gezeichnet von Emotionen, wenn Familien und Freunde sich zum Abschied, mit der Ungewissheit der nächsten zwei Nächte und Tage, in den Armen liegen.
Dann, zwei Minuten vor dem Start, wenn die ersten Töne von Vangelis „Conquest of Paradise“ erschallen, steigt die Spannung ins unermessliche und ist kaum noch zu ertragen, bis sich dann endlich mit dem erlösenden Startruf „goooooo“ die Szene explosionsartig entlädt und die Läufer losrennen, als gäbe es kein Morgen mehr. Getragen von einer Welle der Begeisterung, durch das Spalier der Zuschauer, verlassen die Läufer Chamonix, in der Hoffnung, das Ziel zu erreichen.
Alles was zählt ist durchkommen, den Lauf erfolgreich beenden, denn die Vorbereitungen in den vergangenen Monaten waren zu aufwendig und die psychische Belastung in den letzten Wochen und vor allem Tagen, taten das ihre.
Mit jedem Schritt kommt das Ziel näher aber die Ungewissheit es tatsächlich zu erreichen, bleibt bis auf den letzten Kilometer bestehen. Marion wird später davon berichten, mit welchen Gedanken sie sich beschäftigt hat.
Sind es zu Beginn die Überlegungen ob die Ausrüstung richtig sitzt, die Wahl der Kleidung, als es nachts oberhalb 2000 m eisig kalt wurde und am ersten Tag die Temperatur auf 30°C zusteuerte, das Lauftempo, die Verpflegung und die Flüssigkeitsaufnahme nicht vergessen, stets den Boden im Auge behalten, vor allem in der Nacht, Stürze vermeiden.
So folgen später die Abfrage über die noch vorhandene Kondition, eventuelle Müdigkeit und Kräfteverlust in der zweiten Nacht, wie wird der Körper reagieren, kann der Kopf die Oberhand behalten? Das Streckenprofil mit ihren verbleibenden Pässen immer vor Augen. Wann ist der Einsatz von Stöcken sinnvoll oder behindern sie eher, wenn der Untergrund felsig wird und die Hände für eine Kletterpassage frei sein müssen?
So oder so ähnlich wird es wohl den meisten Läufern gehen. Und obwohl alle Läufer auf Grund der vorgeschriebenen Qualifikationsläufe erhebliche Erfahrungen vorweisen können, werden ca. 40 % von ihnen das Ziel nicht erreichen.
Von 2543 Startern (2286 Männer/257 Frauen), werden nur 1556 Läufer (1412 Männer/144 Frauen) den Zielbogen in Chamonix durchlaufen. 987 DNF (Abbrüche) verteilt auf 874 Männer/113 Frauen.
Für Marion sollte ihr Wunsch, die Umrundung des Mt. Blanc ein zweites Mal zu bewerkstelligen, weil sie nach dem ersten Mal es selbst nicht glauben konnte, was ihr da gelungen war, in Erfüllung gehen.
Als das härteste und unangenehmste wird sie die letzten 8 km mit tausend Höhenmetern Abstieg in Erinnerung behalten, wo Körper und Geist zur Kapitulation aufrufen.
Dann folgt der finale letzte Kilometer, der Zieleinlauf durch Chamonix, begleitet mit Zurufen wie „BON Courage“ und „Chapeauh“ der spalierstehenden Zuschauer, lassen die Anstrengungen der letzten Stunden für einen Moment vergessen und die Freude über das Vollbrachte in Form von Tränen übergehen.
In einer Zeit von 40:58:26 h erzielt Marion Braun den 1. Rang in der Altersklasse V3F (60 – 69 Jahre) von vier Frauen im Ziel (5 am Start). Als älteste Teilnehmerin im Ziel wird sie als 52. Frau von 144 Frauen (257 am Start) gewertet und belegt den 751. Gesamtplatz von 1556 Läufern im Ziel (2543 am Start).
Für einen Ultratrail-Läufer sind die letzten Meter durch Chamonix mit dem Überschreiten der Ziellinie, das höchste der Gefühle, auch wenn viele es erst so richtig in den nächsten Tagen und Wochen realisieren werden, was sie vollbracht haben und es dann durch den Kopf geistert: Nie wieder! Nie wieder?
Ergebnisse der Frauen:
https://utmbmontblanc.com/en/live/undefined
ein Video mit beeindruckenden Bildern:
https://utmbmontblanc.com/en/tv